Schwarmintelligenz – oder: hören Sie nicht auf Einzelne!
Oft genug glauben wir nur allzu gern, was uns Einzelpersonen raten. Dabei wären wir besser beraten, auf die „Weisheit der Vielen“, die kollektive Intelligenz, zu hören. Michael J. Mauboussin, außerordentlicher Professor der Columbia Business School, empfiehlt, das Verhalten von Gruppen zu studieren, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Wer Ameisen bei der Arbeit beobachtet, wird überrascht sein, wie unbeholfen einzelne Ameisen sind. Erst in der Gruppe entstehen hocheffiziente Verbünde. „Ameisen selbst sind nicht klug – Ameisenstaaten sind klug“, so die Stanford-Biologin Deborah Grdon in einem Artikel zum Thema „Schwarmintelligenz“.
Unter den richtigen Bedingungen können Gruppen – Ameisenstaaten genauso wie Unternehmen – klüger sein als jedes seiner einzelnen Mitglieder. Führungskräfte übersehen jedoch immer wieder, dass es nicht ausreicht, ein paar Individuen zu beobachten, um daraus Schlüsse über ein ganzes System zu ziehen. Drei Fehler wiederholen sich dabei:
Fehler: auf Einzelmeinungen hören
Führungskräfte schließen von individuellem auf kollektives Verhalten – dadurch entwickeln sie ein stark eingeschränktes Verhältnis über Wechselbeziehungen in einem System. So wie der Beobachter einer einzelnen Ameise nicht verstehen wird, wie sich eine Kolonie von Ameisen verhält.
Fehler: Kettenreaktionen unterschätzen
Wird ein Element eines Systems verändert, kann dies (unbeabsichtigt) Konsequenzen für das gesamte System haben. Ein gutes (oder vielmehr schlechtes) Beispiel dafür war der Zusammenbruch von Lehman Brothers. Die US-Regierung hatte sich damals entschlossen, nichts zu unternehmen, da man davon ausging, dass der Markt im Grunde schon begriffen habe, wie schlecht es Lehman ging. Eine fatale Fehleinschätzung, die das gesamte Finanzsystem ins Wanken brachte.
Fehler: das Umfeld ignorieren
Unternehmen tendieren dazu, herausragende Einzelpersonen zu „hypen“, ohne zu erkennen, dass deren Leistung nur durch die Unterstützung ihres Umfeldes möglich waren. Wird nun einer dieser Stars in ein neues Unternehmensteil versetzt, bleiben oft die Erfolge aus. Ähnlich wie im Profifußball, wenn frisch verpflanzte Stars im neuen Team nicht die gewohnte Leistung erbringen, da sie nicht mehr auf die Strukturen und die Menschen des alten Teams zurückgreifen können.
Diese drei Fehler beruhen auf der falschen Annahme über die Bedeutung einzelner Personen in einem komplexen System. Daher sollten Sie gut darüber nachdenken, bevor Sie einzelne Personen hin- und herschieben. Eine vorausgehende „Systemanalyse“ unter Einbeziehung aller Wechselwirkungen kann daher sinnvoll sein.
Buchtipp: „Twice. Harnessing the Power of Counterintuition“ von Michael J. Mauboussin, Harvard Business Press